Vor dem Zweiten Weltkrieg war Rathenow eine blühende Stadt mit über 31.000 Einwohnern, intaktem Altstadtkern und repräsentativer Bebauung. Hier gab es unter anderem 7 Schulen, 73 Restaurants, Ausflugslokale, Hotels und Tanzsäle, 11 Apotheken und Drogerien, 106 Lebensmittelgeschäfte, 14 Blumengeschäfte, 32 Fachgeschäfte für Bekleidung, 7 Schuh- und 10 Uhrengeschäfte, 19 Buchhandlungen, 14 Fotografen und Fotofachgeschäfte, 34 Schuhmacher und 45 Frisöre.
Krieg und Faschismus haben unserer Heimatstadt viel Leid und große Zerstörung gebracht.
Die 112 jüdischen Bürger Rathenows wurden vertrieben, verschleppt oder ermordet. Ähnliche Schicksale ereilten all jene, die sich gegen die NS-Diktatur auflehnten.
Die Rathenower Garnison mit dem I. und II. Infanterieregiment und dem Panzerpionierbataillon wurde an allen Fronten eingesetzt. In der Schlacht um Stalingrad gehörten beide Einheiten zur 6. Armee und wurden vollständig vernichtet. Viele Rathenower Frauen verloren ihre Ehemänner und viele Kinder ihre Väter.
Die Faschisten errichteten in Rathenow ein Außenlager des KZ Sachsenhausen. In zehn großen Holzbaracken waren polnische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene unter erniedrigenden Bedingungen untergebracht. Sie mussten Zwangsarbeit in den Arado-Flugzeugwerken verrichten und Kampfbomber für die deutsche Luftwaffe produzieren.
Am 18. April 1944 flogen amerikanische Bomberverbände einen Angriff auf Rathenow. Das Ziel hatte erhebliche militärische Bedeutung - die Kampfbomberproduktion sollte gestoppt werden. Das Treibstoff- und Farbenlager der Aradowerke wurde getroffen, eine gewaltige Explosion folgte. Im Ergebnis des 15minütigen Luftangriffs wurden aber auch über 300 Wohnungen zerstört, 60 Bürger getötet und viele verletzt. Das Apollo-Theater wurde zerstört. Die Lutherkirche brannte, konnte aber durch den beherzten Einsatz zweier Schwestern gelöscht werden.
Vom 25. April bis zum 6. Mai 1945 wurde Rathenow auf Befehl des Kriegsverbrechers Keitel "verteidigt". Obwohl die Niederlage absehbar war, wurde in Rathenow 12 Tage verbissen gekämpft. Die sinnlosen Kämpfe kosteten über 400 Einwohner und über 200 Soldaten der Roten Armee das Leben; die Ost-West-Achse der Stadt wurde fast restlos zerstört. 90% der Innenstadt lagen schließlich in Schutt und Asche. Rathenow war zu 70 % zerstört.
Wenn sich die NPD-Mitglieder wie in den vergangenen Jahren auch in diesen Tagen wieder berufen fühlen, der "Opfer des Bombenangriffs vom 18.04.1944" zu gedenken, wollen sie tatsächlich aber der Wehrmacht Hitlers ihren Respekt erweisen. Als ideologische Nachfolger des nationalsozialistischen Gedankengutes bedauern sie bis heute die Zerschlagung des Hitlerregimes.
Im Juni 2007 schrie Udo Pastörs, der Vorsitzende der NPD in Mecklenburg-Vorpommern in seiner Hassrede auf dem Märkischen Platz in Rathenow: "Am 8. Mai 1945 hat unsere heldenhafte Wehrmacht kapituliert. Das Deutsche Reich hat niemals kapituliert. Das Deutsche Reich besteht als Völkerrechtssubjekt bis heute fort. Und nur das Deutsche Reich kann eine, in Zukunft wieder lebendige, deutsche Nation bedeuten."
Auf der Demonstration des Rathenower Aktionsbündnisses für Demokratie und Toleranz am 18.04.2007 distanzierte sich der Bürgermeister Ronald Seeger vom Gedankengut der Ewig-Gestrigen und sagte deutlich: "Wenn man der Opfer des Bombenangriffes auf Rathenow gedenkt, dann verbietet es sich, Täter und Opfer zu vertauschen."
Größenwahn, Chauvinismus, Antisemitismus und Kriegstreiberei Adolf Hitlers und seiner NS-Gefolgsleute haben das unsagbare Leid und die Zerstörung Rathenows verursacht.
Wer sich wirklich für das Wohl der Menschen interessiert, engagiert sich für Frieden, Toleranz und Demokratie.
Aktionsbündnis Rathenow zeigt Flagge - für Demokratie und Toleranz