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Geschichte der Stadt Rathenow

Mehr als 800 Jahre voller Ereignisse

Weit über 800 Jahre reicht die Geschichte der Besiedlung unserer Region hinaus. Germanische und slawische Stämme siedelten an den Ufern der Havel. Noch heute zeugen Burgwälle von der Bedeutung dieses Siedlungsraums. 1216 taucht der Name Rathenow das erste Mal schriftlich in einer Urkunde auf. Bei einer Darstellung seiner Besitzungen führt damals der Bischof des Bistums Brandenburg alle Grenzorte eines Archidiakonats auf. Daher sind es elf Orte, die in dieser Urkunde ihre Ersterwähnung finden. Zu diesem Zeitpunkt bestanden auf dem Gebiet der heutigen Stadt mehrere Siedlungen, darunter einzelne Kietze und der heutige Siedlungsursprung auf dem Kirchberg sowie die Burgstelle "Alt Rathenow" am westlichen Ufer der Havel. Auf dem Kirchberg entstand um 1220 der erste große Kirchenbau, als Vorgänger der heutigen Stadtkirche "Sankt-Marien-Andreas". Um diesen Sakralbau, gelegen auf einer Insel zwischen Havel und Körgraben, entwickelte sich der kleine Marktort Rathenow. Mehrere urkundliche Erwähnungen im späten 13. Jahrhundert geben Zeugnis von der fortschreitenden Entwicklung der Siedlung. So erhält der Ort 1288 die Gerichtsbarkeit und 1295 werden die Bewohner Rathenows erstmals als Bürger bezeichnet, was die Annahme zulässt, dass Rathenow das Stadtrecht verliehen bekommen hatte. Bereits 1294 hatte die Siedlung eine bedeutende Aufwertung erfahren: das Dorf Jederitz mit seiner gesamten Feldmark wurde der Stadt vom Brandenburgischen Markgrafen geschenkt. Als bedeutendste Schenkung des ersten Herrschergeschlechts der Mark Brandenburg kann die 1319 durch Markgraf Waldemar erfolgte Belehnung der Stadt mit dem Gut Rodenwalde gesehen werden. Aus diesen Besitzungen ging der heutige Stadtforst hervor.

Entwicklung bis ins 19. Jahrhundert

Das 14. und 15. Jahrhundert waren geprägt durch die mehrfach wechselnde Herrschaft über die Mark Brandenburg. Die Bürgerschaft der Stadt huldigte nacheinander den Askaniern, Wittelsbachern, Luxemburgern und schließlich den Hohenzollern. So gelang es ihr ihre bis dahin erhaltenen Rechte und Privilegien zu sichern. Vor allem die Markt- und Mühlenrechte waren wichtige Einnahmequellen der Stadtgemeinde. Im 16. Jahrhundert wohnten innerhalb der Stadtgrenzen etwa 2500 Menschen. Ab 1517 wurde die Stadtkirche zu einer spätgotischen Hallenkirche umgebaut. Zudem wurde ein neues, das spätere Altstädtische Rathaus am Markt errichtet. Die Bürgerschaft trat zu dieser Zeit in ihrer Mehrheit zum lutherischen Glauben über. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) wird Rathenow mehrfach besetzt und geplündert, zudem ereignen sich mehrere Pestwellen. Schließlich leben in der Stadt nach abflauenden Kampfhandlungen nur noch 40 Bürger. Der Wiederaufbau der Stadt geht langsam voran. Es werden eine Schneide- und eine Walkmühle errichtet, zudem wird die alte Ratsziegelei wiederaufgebaut. 1675 wird Rathenow durch schwedische Truppen besetzt und anschließend durch Truppen des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm befreit.

60 Jahre später wird zu Ehren des Kurfürsten auf dem heutigen Schleusenplatz das Kurfürstendenkmal errichtet. Es entsteht inmitten der barocken Neustadt die seit 1733 östlich der Altstadtinsel planmäßig angelegt wird. Diese Erweiterung ist notwendig, weil die Stadt Garnisonstandort geworden ist. Den Abschluss der Arbeiten bildet die Zollmauer mit dem Berliner und Brandenburger Tor. Durch Einquartierung der Soldaten und Erweiterung der Stadt wächst die Einwohnerschaft auf 3800 an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts werden unter König Friedrich II. eine Webersiedlung - genannt Neufriedrichsdorf - und das größte Proviantmagazin des Königreichs Preußen angelegt. 1801 wird mit der königlichen Privilegierung der "Optischen Industrieanstalt" der Grundstein für den später wichtigsten Wirtschaftsbereich Rathenows gelegt. Der Rathenower Prediger Johann Heinrich August Duncker hatte mit seiner Vielschleifmaschine eine Methode zur industriellen Herstellung von Brillengläsern entwickelt. Nach der Niederlage der preußischen Armee 1806 bei Jena und Auerstedt wird auch Rathenow von französischen Truppen besetzt und muss jahrelang hohe Kontributionen leisten. Mit dem Sieg über das napoleonische Frankreich setzten in Preußen auch innere Reformen ein. Rathenow wird so ab 1815/16 zur Kreisstadt des Landkreis Westhavelland. Zu dieser Zeit leben 4000 Menschen in der Stadt.

Das lange 19. Jahrhundert und das schwierige 20. Jahrhundert

Mit der Industrialisierung Preußens wächst auch die Stadt Rathenow. Wohnen in ihren Grenzen 1840 erstmals 5000 Menschen, sind es 40 Jahre später bereits 10.000. 1912 erreicht die Stadt erstmals eine Einwohnerzahl von 25.000. Diese Entwicklung wird begründet durch zwei große Wirtschaftszweige: der optischen Industrie und der Ziegelproduktion. Während sich die optische Industrie bis 1900 zum führenden Wirtschaftszweig der Stadt entwickelt, ist die Ziegelindustrie bereits lange ein wichtiger Teil der städtischen Wirtschaft. Die roten Rathenower Ziegel gelten als Markenprodukt und sind auch in großem Stil in Berlin verbaut worden. Markantestes Gebäude aus dieser Zeit ist hier das Rote Rathaus. Der Zustrom nach Rathenow sprengt die frühneuzeitlichen Grenzen. Es entstehen neue Viertel, vor allem Richtung Osten. Zudem werden repräsentative Gebäude wie der Bahnhof, das Krankenhaus und das Kreishaus errichtet. Mit der Verlegung des Brandenburgischen Husaren Regiments 3 "von Zieten" 1851 wird Rathenow wieder zur Garnisonstadt. Die rotgekleideten Zietenhusaren prägen das Stadtbild bis zum 1. Weltkrieg. Mit dem Ausbruch des Weltkrieges verlangsamt sich das Wachstum der Stadt kurzfristig. Nach dem Krieg muss die Stadt erneut Wohnraum schaffen. Es entstehen Häusersiedlungen im Norden und Süden der Stadt sowie Wohnungen zum Teil im Bauhausstil. Die optische Industrie ist zu dieser Zeit bereits der mit Abstand größte Arbeitgeber der Stadt. Die Produkte werden weltweit vermarktet. Neben der damit einhergehenden breiten Bürgerschaft, gibt es eine zunehmend stolze Arbeiterkultur. Die Löhne in der Optik sind überdurchschnittlich. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 werden auch in Rathenow die demokratischen Strukturen ausgehebelt, Mitglieder der KPD und SPD verfolgt. Mit der Wiederaufrüstung erhält die Stadt in Nord einen neuen Kasernenkomplex und im Heidefeld entsteht eine Flugzeugfabrik. Während des Zweiten Weltkrieges werden für die Industrie Zwangsarbeiter eingesetzt, mehrere Lager entstehen zu diesem Zweck. Schließlich wird im Grünauer Fenn ein Außenlager des Konzentrationslagers Sachsenhausen angelegt. 1944 wird Rathenow durch einen Luftangriff alliierter Bomberverbände das erste Mal direkt von Kampfhandlungen getroffen. Mehr als 50 Menschen sterben. 1945 tobt dann der Krieg in den Straßen Rathenows. Den Kämpfen der Roten Armee und der Wehrmacht fallen 70 Prozent der Innenstadt zum Opfer, hunderte Menschen sterben.

Mit der Einnahme der Stadt durch die Rote Armee und der anschließenden Übergabe an Funktionäre der KPD und SPD beginnt die sozialistische Zeit der Stadt. Vor allem der Wiederaufbau der zerstörten Stadt, aber auch der teilweise beschädigten oder abtransportierten Industrie gilt der Vorrang. Die Stadt beherbergt zudem eine große Zahl von Flüchtlingen aus den ehemaligen Ostgebieten und anderen Regionen, 1946 sind es 2800 Personen. Der Wiederaufbau beginnt in der Innenstadt, am heutigen Platz der Jugend, hier entstehen die ersten Wohnungen im neuen Stil. Die fehlende Bebauung der Berliner Straße wird bis einschließlich 1989 im neuen Stil hergestellt. Das Kulturzentrum wird 1958 seiner Bestimmung übergeben. Die optischen Betriebe werden größtenteils verstaatlicht oder in Produktionsgenossenschaften zusammengelegt. Schließlich werden die Rathenower Optischen Werke Teil des Kombinats in Jena. In Rathenow werden nun fast alle Brillengläser für den sozialistischen Wirtschaftsraum produziert. Diese Verengung der Produktion führt mit den Umbrüchen der politischen Wende und Wiedervereinigung 1989/90 zum Zusammenbruch des größten Teils der optischen Industrie. 1989 gehen in Rathenow die Bürger ebenfalls auf die Straße, um für mehr Freiheit und Mitbestimmung zu demonstrieren. Bei der größten Kundgebung sind rund 15.000 Menschen auf den Straßen.

Rathenow seit 1990

Mit dem Zusammenbruch der sozialistisch geprägten Wirtschaft verliert Rathenow einen Großteil seiner Arbeitsplätze. Die Stadt schrumpft. Neubaugebiete in Rathenow-Ost werden mangels Nutzens zurückgebaut. Dennoch kann durch neue Impulse der Wegzug gestoppt werden. Im Heidefeld wird einer Optikstandort gegründet. Die Innenstadt wird aufwendig saniert und umgestaltet. Die stadtprägende Sankt-Marien-Andreas-Kirche erhält 2001 ihre weithin sichtbare Kirchturmspitze zurück. Mit der Landesgartenschau 2006 und der Bundesgartenschau 2015 kann Rathenow sich deutschlandweit präsentieren. Als Industriestandort umgeben vom Naturpark Westhavelland bietet Rathenow den idealen Wohnort zwischen Arbeit und Erholung.

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